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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 179

1911 - Erfurt : Keyser
— 179 — Einrichtungen aber war gering; im Vergleich freilich mit dem Zustand der Stadt zur Zeit des 7jährigen Krieges war ein Fortschritt anzuerkennen. Die Einwohnerzahl, die um 1800 fast 17 000 Personen betrug, war um 2500 gestiegen, der Handel hatte sich gehoben, und auch das Gewerbe erfreute sich einer gewissen Blüte. Die Wareneinfuhr erstreckte sich hauptsächlich auf Leder und Baumwolle für die Fabriken, auf Kolonial-, Schnitt- und Kurzwaren, auf Fische und fremde Weine. Der Ausfuhrhandel bezog sich auf die Erzeugnisse des Erfurter Gewerbefleißes, unter denen fchon damals die Schuhe und Gartenerzeugnisse obenan standen. Ein anderer Gewerbezweig, die Herstellung von Wollwaren, hatte leider durch die Abtretung des linken Rheinufers, feines Hauptabsatzgebietes, an Frankreich eine fast vollständige Vernichtung er-sabren. Auf der Assemblee beim Statthalter: Noch in anderer Beziehung war die Tätigkeit Dalbergs für die Erfurter von Bedeutung. Er richtete auf der Statthalterei Assemblern (Versammlungen) ein, die für die Ausbildung des gesellschaftlichen ^ottes von gutem Erfolg waren. Jeder anständig gekleidete Bürger oder Fremde hatte Zutritt zu diesen Versammlungen, die jeden Dienstag von 5 bis 8 Uhr abends in dem großen Saale und den anstoßenden Zimmern der Hofstatt stattfanden. Kein Unterschied der Stände war sichtbar. Adlige und Bürgerliche, Staatsbeamte, Künstler und Handwerker, Damen von hohem Rang und Bürgertöchter, alle vereinigte hier der Zweck angenehmer Unterhaltung. Man spielte Karten und Gesellschafts- und Pfänderspiele und ließ sich auf dem Flügel und anderen Instrumenten hören. Nach der Assemblee zog der gebildete Statthalter bedeutende Männer zur Abendtafel. — Dalberg selbst war die Seele der Versammlung. Er mischte sich stets unter die bunte Menge, die den großen Saal und die Zimmer füllte und sprach mit jedem einige Worte. Er freute sich herzlich, wenn die Gesellschaft sich einer unbefangenen Fröhlichkeit überließ. Zuweilen wurden auch Bälle gegeben, zu welchen die an solchen Tagen anwesenden Teilnehmer der Assembleen eingeladen wurden. Goethe, Wieland, Schiller, Herder und andere berühmte Männer waren oft zugegen, besonders aber Schiller, der sich einst zwei Monate mit seiner Gattin in Erfurt aufhielt (f. Nr. 63). Selbst regierende Fürsten, Prinzen und Prinzessinnen erblickte man oft in diesem Gesellschaftskreise, der alle Stände vereinigte. Leben und Treiben in Erfurt: Auch das sonstige Leben in Erfurt war von einem Hauch der Gemütlichkeit durchweht, was bei der „beständigen Heiterkeit und Fröhlichkeit", dem Hauptwefeus- zug der Erfurter jener Tage, Wohl zu verstehen ist. Nirgends in Thüringen verstand man Feste besser zu feiern als in Erfurt. Das schönste Volksfest des Jahres war das Vogelschießen der schon lange bestehenden Schützengesellschaft, das mit allen alten, feierlichen Ge- 12*

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 96

1911 - Erfurt : Keyser
- 96 - den Rhein, nach Frankreich, besonders aber nach den Niederlanden. Mit 4, 6 und mehr vierspännigen, plumpen, aber stark gebauten Wagen, die den Unebenheiten der elenden Straßen gewachsen waren, zogen die Kansleute anfangs in Person, begleitet von einigen Handlungsdienern und starken Knechten, alle aber wohlbewaffuet, aus. Oft vereinigten sie sich wegen des besseren Schutzes zu Gesellschaften, die entweder ein gemeinsames Ziel hatten oder doch eine große Strecke zusammen zurücklegen konnten. Doch schon am Ende des 14. Jahrhunderts ließ die persönliche Beteiligung an den Auslandsreisen nach. Man betraute mit dem Geschäft tüchtige Handlungsdiener oder übergab, was noch bequemer war, einem Fuhrmann die Verfrachtung. — Waidmärkte von besonderem Rufe waren in Gent. Brügge, Antwerpen und in Görlitz. Unternehmende Kaufleute aber wagten selbst die beschwerliche und durch Seeräuber gefährliche Ueberfahrt nach England. Mit dem Verkaufe des Waids war jedoch das Geschäft nicht abgeschlossen. Die leeren Wagen wurden mit den Erzeugnissen der fremden Länder, mit Tuchen, Seide, Pelzen, Eisenwaren, Wein, getrockneten und gesalzenen Fischen oder was sonst zum Wiederverkauf unterwegs und in der Heimat sich eignete und einen guten Absatz versprach, befrachtet; denn Erfurt war ein Markt allerersten Ranges, in dessen Straßen auf öffentlichen Ständen oder Gaden und in Buden jahraus, jahrein verkauft wurde. — Außerdem besaß die Stadt verschiedene Meßprivilegien. In der Absicht immer mehr fremde Käufer und Verkäufer heranzuziehen, hatte schon 1331 Erzbischof Balduin auf Bitten des Rates beim Kaifer Ludwig eine allgemeine Messe, die vom zweiten Sonntag nach Ostern bis Himmelfahrt dauerte, erwirkt. Allen dahin ziehenden Kaufleuten wurde kaiserlicher Schutz und sicheres Geleit zugesagt. Auch fielen während der Dauer der Messe fast alle Abgaben fort, die sonst von jedem Geschäft erhoben zu werden pflegten. Dann hatte Kaiser Friedrich Iii. der durch den großen Brand (1472) so schwer geschädigten Stadt ein Jahr daraus eine zweite Messe gewährt, die am Sonntag Trinitatis begann und 3 Wochen dauerte. Durch Kaiser Maximilian wurden die beiden Messen aus günstigere Zeiten gelegt und jede um eine Woche gekürzt; die erste sollte zu Pfingsten, die andere erst Martini abgehalten werden. Den größten Nutzen hat der Stadt und ihrem Handel aber das Stapelrecht (f. Nr. Ii, b) gebracht, das ihr schon Kaiser Karl verliehen haben soll (805). Auf Grund dieses Rechtes durste kein Kaufmann, der in einem gewissen Umkreise Thüringen durchzog, an Erfurt vorüberfahren, ohne seine Waren daselbst abzulegen. So konnte man hier alles haben, was man wünschte, sowohl die Erzeugnisse des Nordens wie die des Südens, des Ostens wie des Westens. Darum stellten sich die Händler der kleineren Städte und die Bauern in Menge ein, um an erster Stelle zu schöpfen, nachdem die Bürger ihren Bedarf gedeckt hatten. Und da der er-

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 223

1911 - Erfurt : Keyser
— 223 — her hatte am 22. März eine Probefahrt stattgefunden (f. S. 224), über die das Direktionsmitglied, Stadtrat Herrmann aus Erfurt, folgendermaßen schreibt: „Ich befand mich ... auf der Lokomotive „Thüringen"; die ganze Bahnstrecke war auf beiden Seiten von einem zahlreichen Publikum besetzt, welches, je näher wir der Stadt kamen, sich immer mehr verdichtete und beim Erblicken des Zuges in Jnbel-rnse ausbrach. . . Hunderte stürzten den Wall herunter, um Lokomotive und Wagen zu besehen, und prallten erschrocken zurück, wenn der Lokomotivführer laute Pfiffe ertönen ließ und unter schwerem Aufpusten die Lokomotive sich in Bewegung setzte. Allgemein war das Gefühl, daß für Erfurt eine neue Epoche (Zeit) wachsenden Wohlstands beginnen werde." Damals war die erste Bahnhofsanlage in der Kartäuserstraße, wo heute das Wohngebäude für den Eisenbahnpräsidenten steht. Schon am 2. Mai 1847 wurde die Strecke Erfurt—gotha eröffnet; ihr folgte am 24. Juni 1848 der Teil Gotha Eisenacti und am 25. September 1849 der Rest Eisenach—gerstungen, so daß von diesem Tage ab die Thüringische Eisenbahn voll im Betriebe war. Günstiger Einflutz der Bahn auf die Entwicklung Erfurts: Welchen Einfluß aber die Thüringer Bahn und die ihr bald folgenden Angliederungen auf die Entwicklung des Mittelpunktes all dieser Linien, auf die Stadt Erfurt, ausgeübt haben, das beweist am besten das Wachstum ihrer Einwohnerzahl. In wenig mehr als 60 Jahren stieg diese von 28000 auf fast 125000, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß die Stadt bis nach 1870 von engen Festungsmauern umschlossen war. Wäre Erfurt nicht an die Hauptstrecke zu liegen gekommen, die der Richtung der uralten Handelsstraße von Westen nach Osten folgte, dann wäre es, wie Oberbürgermeister Wagner damals richtig erkannt hatte, „um seine Wohlfahrt geschehen gewesen, es wäre herabgesunken zu einer gewöhnlichen Landstadt; denn Gewerbe und Handel ziehen sich nur nach der Hauptbahn." Gleicher Meinung war auch Stadtrat Herrmann, der treue Sohn seiner Vaterstadt (Ehrenbrunnen auf dem Herrmannsplatz). Er schließt einen seiner Berichte an die Stadtverordneten mit den Worten: „Von unberechenbarer Wich- tigkeit für Erfurts Zukunft ist demnach die vorliegende Eisenbahnsrage. Hier ist kein Mittelweg. Aus der einen Seite ein Versinken Erfurts in völlige kommerzielle (den Handel betr.) Bedeutungslosigkeit und hieraus folgender Verarmung, auf der anderen ein fernerer Aufschwung in merkantilischer (kaufmännischer) Beziehung, ein fortwährendes Wachsen seines Wohlstandes, seiner Bevölkerung, seiner Wichtigkeit sür unseren Staat." (Nach L. Röll.)

4. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 73

1916 - Erfurt : Keyser
Abbild. 18. Der Dom. 1123 zum Schutze gegen die Bewohner Erfurts und Thüringens errichtet. Sie hatten sich gegen ihn empört, als er von neuem die Abgabe des Zehnten verlangte. Das Haus war eine Burg und der heutige Über- reft, der fälschlich als Bonifacinskapelle bezeichnet wird, ein alter Wehr- türm. Erzbischof Adalbert hat viel Gntes für Erfurt getan. Er förderte Gartenbau und Mühlenbetrieb dnrch Ansiedler aus den Niederlanden, Auch gründete er die Schule zu Skt. Sever und nahm sich der zu Skt. Marien an. Besonders merkwürdig ist das Schicksal der Nonnen des Stiftes des heiligen Severus. Als nämlich der Erzbischof Adalbert das

5. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 125

1916 - Erfurt : Keyser
— 125 — wird in einem besonderen Ofen gekocht und dann getrocknet. Die ge- trocknete Masse wird gemahlen und kann als Futtermittel Verwendung finden. Dasselbe geschieht auch mit dem überflüssigen Blute, das nicht zur Wurstbereitung benutzt wird. Die Knochen der verworfenen Tiere werden verbrannt. Ii. Der Stadtkreis Erfurt im allgemeinen. a) Fragen und Aufgaben: 1. Sprich über die Lage des Stadtkreises! 2. Sprich über seine Größe! 3. Berichte über die Zahl der Einwohner und ihr Religionsbekenntnis! 4. Nenne die evangelischen und katholischen Kirchen innerhalb des Stadtkreises! 5. Was für Schulanstalten gibt es? 6. Wie ist sür die Armen des Stadtkreises gesorgt? 7. Wie wird der Stadtkreis verwaltet? 8. Was sür Behörden gibt es sonst noch im Stadtkreis? 9. Sprich über die Beschäftigung der Bewohner! 10. Sprich über ihr Wesen! 11. Wodurch ist für ihre Gesundheit gesorgt? 12. Nenne die wichtigsten Verkehrseinrichtungen! 13. Sprich über die Tätigkeit der Feuerwehr! 14. Erzähle, wie der „Anzeiger" entsteht! 15. Sprich über die Entwicklung des Erfurter Gartenbaues! d) Unterrichtsergebnisse: 1. Der Stadtkreis Erfurt wird gebildet aus der Stadt Erfurt, dem Vorort Erfurt-N. und den zwei Siedlungen Alt- und Neudaberstedt. 2. An der Spitze des Stadtkreises steht der Oberbürgermeister. Ihm zur Seite stehen der Bürgermeister, 17 Stadträte und 52 Stadt- verordnete. 3. Die Bewohner des Stadtkreises beschäftigen sich hauptsächlich mit Gewerbe und Handel, doch auch mit Ackerbau, Viehzucht, Gärtuerei und Bergbau 4. Der Landwirt, Gärtner, Bergmann usw. sorgen für die Rohstoffe. 5. Die Gewerbetreibenden oder Handwerker verarbeiten die Roh- stoffe. 6. Das Großgewerbe verarbeitet die Rohstoffe in Fabriken unter Be- Nutzung von Dampf, Wasser und Elektrizität. 7. Der Händler und der Kaufmann verkaufen die fertigen Waren und die Stoffe, die bei uns nicht gewonnen werden. 8. Die genannten Berufe sorgen für unsere Ernährung, sie bilden den Nährstand. 9. Zum Lehrstand gehören die Lehrer, Geistlichen, Richter und Ärzte. 10. Zum Wehrstand gehören die Soldaten.

6. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 88

1916 - Erfurt : Keyser
— 88 — hatte die Stadt 1736 heimgesuchte 15 Kirchen standen leer und waren teilweise zerfallen. Die Stadt erschien menschenleer. Sie zählte im Jahre 1782 nur 14621 Einwohner, die ein vollständig kleinstädtisches Leben führten. Darin vermochte auch die Statthalterschaft Dalbergs (1772—1802) nichts zu ändern (f. Anh.). Zu bemerken ist nur, daß innerhalb dieses Zeitabschnittes der Grund zur Entwicklung des Erfurter Gartenbaus gelegt wurde. Der Ratsmeister Christian Reichart richtete gegen Ende des 17. Jahrhunderts die heute noch musterhafte Bewässerungs- und Be- arbeitungsart des Dreienbrunnens ein. Er versorgte auch schon die be- dcutenderen Gärtnereien Deutschlands mit Erfurter Gemüsesamen. 1756 gründete Jakob Platz die erste Knnst- und Haudelsgärtnerei, welche sich mit dem Vertrieb von Gemüse-, Blumen- und Gehölzsämereien beschäftigte. Und noch zu einem andern Zweige des heutigen Erfurter Gewerbefleißes wurde damals der Grund gelegt, zur Schuherzeugung, denn die Erfnrter Schuhmacher arbeiteten bereits für den Außenhandel. Als Kleinstadt und Festung kam Erfurt im Jahre 1802 an Preußen und als eine Stadt, die einen Dornröschenschlaf hielt. Hente, nach wenig mehr als 100 Jahren, ist sie jedoch zu neuer Herrlichkeit emporgeblüht. Sie ist im Handel und Berkehr wieder die Hauptstadt Thüringens, die sie schon einmal war, und eine der jüngsten Großstädte des Deutschen Reiches. Ihr schnelles Wachstum und ihr Emporblühen verdankt sie vor allem ihrer günstigen Lage in der Mitte Thüringens und damit im Herzen des Reiches, dann aber auch dem Umstand, daß sie im Jahre 1873 als Festung aufgegeben wurde. Seit 1847 einer der wichtigsten Bahn- strecken Deutschlands angeschlossen (Frankfurt a. M.—Berlin), wnrde sie durch Hinzufügung immer neuer Verkehrslinien bald ein bedeutender Ver- kehrsknotenpunkt des Reiches. 3. Die Erfurter Straßennamen. Alle Straßen und Gassen unserer Stadt haben Namen. Ihre nähere Betrachtung bietet uns viel Lehrreiches. Die alten Bezeichnungen sind nicht nur eigenartig, sondern auch sehr bedeutsam. Bei der Namengebnng haben sich unsere Vorfahren von den verschiedensten Gründen leiten lassen. Wie richtig und fein ist nicht schon ihre Unterscheidung zwischen Straße. Weg, Gasse, Sand, Ufer. Damm usw. Eine Hauptfundgrube für die Straßeu- und Gassennamen bot unfern Altvorderen die frühere Haus- bezeichnnng durch Namen. Diese wurden einfach ans die Straße oder Gasse, in welcher das betreffende Haus lag, übertragen. Ferner achteten sie bei der Namengebnng auf das Kirchspiel, in dem die Straße oder Gasse lag, anch berücksichtigten sie die örtliche Lage, die Beschäftigung der Bewohner oder eine besondere Eigenschaft der Straße. Nur in wenigen Fällen haben sie den Namen eines Mitbürgers oder einer alten Erfurter Familie auf die Straße oder Gasse übertragen. Aus der Namengebnng läßt sich aber anch erkennen, daß frohe Lanne und Schalkheit dabei tätig waren.

7. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 128

1916 - Erfurt : Keyser
— 128 — Provinz Sachsen und die Kontrollstelle der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt. Erfurt ist die Garnison des Ii. und Iii. Bataillons des 3. Thür. Infanterie-Regiments Nr. 71, der I. und Ii. Abteilung des 1. Thür. Feld- artillerie-Regiments Nr. 19 und des Jäger-Regiments zu Pferde Nr. 6. Beschäftigung der Bewohner. Erfurt ist der Mittelpunkt des Thüringer Verkehrs. Es ist als Handelsplatz und als Fabrikstadt von großer Bedeutung. Im Garteubau und in der Handelsgärtnerei nimmt es die erste Stelle ein. Durch beide ist sein Ruhm zuerst in die Welt hinausgetragen worden. An nächster Stelle steht dann die Erzeugung von Schuhwaren. Unter den Erfurter Schuhfabriken sind die größten unseres Weltteils zu finden. Berühmt ist auch die Herstellung von Beleuchtungs- körpern aller Art. Vier große Brauereien liefern ein gutes, trinkbares Bier. Ihren bedeutenden Absatz erkennt man am besten an der Größe und Ausdehnung der Gebäude. Ferner finden Hunderte von Mädchen und Fraueu Verdienst durch die Herstellung von Damenmänteln, und die Zahl der in der Gewehrfabrik beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen zählt oft mehrere tausend. Erfurt besitzt auch bedeutende Maschinen-, Lokomotiven- und Pumpenfabriken, große Malzfabriken, Mühlenwerke und Buch- und Steindruckereien von Bedeutung. Damit ist aber noch lange nicht Erfurts Bedeutung als Handels- und Fabrikstadt erschöpft. Der Vorort Erfurt-N. hat besonders viele gewerbliche Anlagen aller Art aufzuweisen. Der Erfurter in seinem Wesen. Der Erfurter ist ein echter Thüringer. In seinem Wesen ist er gemütlich und treuherzig, in seinem Betragen und seinen Ausdrücken aber derb. Er arbeitet gern im Schweiße seines Angesichts, will aber auch sein Vergnügen haben. Davon zeugt der fleißige Besuch des Erfurter Vogelschießens. Er hält es mit dem Spruche: „Saure Wochen, frohe Feste; Tages Arbeit, abends Gäste!" Der Erfurter ist gesangslustig. Er pflegt nicht nur den Volks- gesang, sondern auch den Kunstgesang. Gegen fremde Not verschließt er nicht sein Herz. Die Sammlungen der Barmherzigkeit ergeben in Erfurt immer einen reichlichen Ertrag. Der fromme Sinn ist dem Erfurter noch nicht abhanden gekommen. Er besucht fleißig das Gotteshaus und die Versammlungen der kirchlichen Gemeindevereine. Mit treuer Liebe hängt er an seiner Vaterstadt, an seinem Herrscherhaus und am Reiche. So derb wie sein Wesen, so derb ist auch seine Sprache. Sie hat außerdem viel unter Wortverdrehungen und Verstümmlungen zu leiden (s- S. 106). Öffentliches Wohl. Vieles ist geschehen, um Erfurt den Ruf einer gesunden Stadt zu verschaffen. Es wurde ein großartiges Wasser- werk geschaffen, die städtische Wasserleitung. Mit ihrem Bau ging die Einrichtung zur Abführung der Abwässer und die Einrichtung der Wasser- spülung Hand in Hand. Diehirschlache, ein Geraarm, wurde in Röhren geleitet und kann so nicht mehr als Abladeplatz für alle möglichen Abfälle benutzt

8. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 133

1916 - Erfurt : Keyser
— 133 — Drucken des „Anzeigers" werden aber die neuesten Maschinen benutzt, bei denen eine unendlich lange Papierrolle über Walzeu läuft, die das Papier bedrucken. Die flachliegende Schrift muß also noch auf die runde Walze übertragen werden. Von jeder gesetzten Seite des „Anzeigers" wird darum in besonders zubereitetem Löschpapier ein Abdruck hergestellt. Er wird hierauf in einer Maschine zu einer halben Walze zusammen- gebogen. Davon wird dann in Bleimischung ein starker Abguß her- gestellt. Der Abguß ist halbrund und paßt genau auf die Walze der Maschine. Zwei solche Abgüsse füllen eine Walze. Sind alle Abgüsse hergestellt und die Walzen der Maschine besetzt, so wird mit dem Druck begonnen. Auf der Maschine können gleichzeitig 8 Bogen eines „An- zeigers" gedruckt werden. Dabei übernimmt die Maschine noch alle Nebenarbeiten. Sie zerschneidet das unendliche Papier in Bogen, falzt sie, legt sie ineinander zum fertigen „Anzeiger", bricht diesen und zählt immer 50 nacheinander aus. Nach deu 50 tritt eine winzige Pause im Zählgeschüft ein. Außerdem zeigt die Maschine noch durch Ziffern eines kleinen Uhrwerkes die Gesamtzahl der fertiggedruckten Bogen. Wissenswert ist auch, welche gewaltige Papiermenge beim Drucken verbraucht wird. Nehmen wir an, es handelte sich in unserer Aufgabe um einen „Anzeiger" von 8 Druckbogen, dann würden verbraucht, da jeder „Anzeiger" genau 65 cm lang ist, 0,65 m. 8.60 000 = 312000 m Papier = 312,000 km. Eine einfache Abendansgabe ohne Beilage mißt dem- nach schon 39,000 km. Wollten wir diese Papiermenge einmal abwickeln, so könnten wir vom Erfurter Personenbahnhof bis nach Apolda oder Fröttstädt kommen. Also alle Achtung vor der Herstellung unserer größten Tageszeitung, unseres „Erfurter Allgemeinen Anzeigers". Erfurts Gartenbau. Heute ist Erfurt eine der wichtigsten Gartenbaustädte und in der ganzen Welt als solche bekannt. Seit dem 8. Jahrhundert gibt es in Deutschland einen regelrechten Gartenbau. Er wurde von den Mönchen begründet. Sie brachten eine große Zahl anbaufähiger Gewächse aus Jtalieu nach Deutschland. In Erfurt sorgten die Mönche des Petersklosters für den ersten Gartenbau. Schon ziemlich früh wurde es den Erfurtern möglich, mit eigenen Erzeugnissen des Feld- und Gartenbaues Handel zu treiben. Außer Färberwaid wurden im Mittelalter noch angebaut und vertrieben: Kanarien- samen, Senf, Schwarzkümmel, Winter- und Sommerrübsamen, Weber- karden, Anis, Koriander, Mohn n. a. Luther nennt Erfurt in seinen Tischreden bereits „ein fruchtbar Bethlehem" und die Erfurter „des heiligen römischen Reiches Gärtner". Als erster, wichtiger Zweig des Erfurter Gartenbaues gilt der An- bau von Gemüse. Wenn auch schon früh betrieben, entwickelte er sich doch erst günstig zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Damals führte der

9. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 134

1916 - Erfurt : Keyser
— 134 — Erfurter Ratsmeister Christian Neichart im Dreienbrunnen die hente noch nutzbringende Bewässerungs- und Anbauart ein. Durch Herbeischaffung der besten Sämereien aus andere» Ländern lind durch die sehr mühsame Arbeit der Anpassung der jungen Pflanzen an die Witterung gelaug dann den Erfurter Gärtnern der Anbau der besten Gemüsesorten, so z. B. der Anbau der Blumenkohlart, die unter dem Namen „Erfurter Blumenkohl" die weiteste Verbreitung gefunden hat. Auch eine große Zahl anderer Gemüsesorten hat durch deu Erfurter Gürtnereibetrieb eine besondere Form erhalten. Heute ist der Gemüsebau nicht mehr auf deu Dreienbrunnen beschränkt. — Mit dem Gemüsebau ist aber auch die Samenzucht ver- knüpft. Daraus entwickelte sich ein weitausgedehnter Samenhandel. Schon Christian Reichart versorgte weit über die Grenzen Deutschlands hinaus andere Gärtnereien mit Erfurter Gemüsesamen. Zu Reicharts Zeiten hatten sich verschiedene Liebhaber bereits der Blumenzucht zugewandt. So erfahren wir aus seinen Schriften, daß in Gärten innerhalb und außerhalb der Stadt Primeln, Hyazinthen, Tulpen, Anemonen, Malven, Gartenwicken n. a. Ziergewächse gezogen wurden. Der Anbau vou Nelken, Aurikeln und Levkojen führte bald zu einem lebhaft betriebenen Blumenhandel, aus dem sich der Handel mit Blumen- samen von selbst ergab. Die erste derartige Kunst- und Haudelsgärtuerei gründete Jakob Platz im Jahre 1756. Mit der weiteren Entwicklung des Erfurter Gärtnereibetriebes ist der Name des Kunst- und Handels- gärtners Friedrich Adolf Haage verknüpft. Er hat für die Erfurter Zier- gärtnerei die gleiche Bedeutung wie Christian Reichart für den Gemüse- bau. Beiden hat darum die dankbare Nachwelt ehrende Denkmäler er- richtet. In der Gartenstraße, die ihren Namen von dem früher dort ge- legenen botanischen Garten der Universität hat — also an würdiger Stelle — gründete Haage 1822 ein kleines, eigenes Geschäft und knüpfte bald Verbindungen an, die über Deutschland und Europa und weit über das Meer hinausgingen. Heute sind der Erfurter Gärtnereibetrieb und seine mustergültigen Leistungen in der ganzen Welt bekannt. Bald reichten die Stadtgärten zu dem umfangreichen Anbau nicht mehr aus. Die Blumenzucht wurde aufs Feld verlegt, und mit seinem Freilandanbau ist Erfurt wieder vorbildlich für andere Städte geworden. Jetzt gleicht die ganze Umgebung Erfurts einem einzigen Garten. Die Fluren prangen während der Sommermonate in den prächtigsten Farben, und die herrlichsten Blumendüfte erfüllen die Luft. Der Blick schweift weithin über große Felder mit Astern, Nelken, Stiefmütterchen, Malven, Levkojen usw. Weit über 1000 Arten und Abarten von einjährigen Sommerblumen werden in und um Erfurt in größerer oder geringerer Menge angebaut. Der Freilandanbau erstreckt sich heute auch auf Stauden <Dauergewächse), Rosen, Baumarten und die verschiedensten landwirtschaft- lichen Sämereien. Auf eine hohe Stufe der Entwicklung hat sich auch die Erfurter Blumenbinderei emporgeschwungen. Sie ist gleich weltberühmt wie die Blnmen- und Samenzucht. Bahnbrechend war auf dem Gebiet die Kunst-

10. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 148

1916 - Erfurt : Keyser
— 148 — Übersicht über sein Gehöft sehr erleichtert. Außerdem ermöglicht die Anlage große Sauberkeit und Zurückhaltung im gegenseitigen Verkehr. Speise und Trank. Bei der Ernährung sind die Körnerfrüchte die Hauptsache. Roggen und Weizen eigner Ernte werden oermahlen und selbst zu Brot und Kuchen verbacken. Der Kuchen dient als Zubrot beim Morgen- und Mittagkaffee. Das Frühstück besteht aus Brot mit Wurst oder Speck. Schweine werden im Winter in genügender Zahl geschlachtet. Wird zum Frühstück getrunken, so gibt es im Sommer „Einfachbier", im Winter Kaffee. Beim Mittagbrot gibt es reichlich Kartoffeln. An den Wochentagen wird das Gemüse geschmelzt. Am Sonntag gibt es Fleisch, an den Wochentagen selten. Das Abendbrot ist gleichfalls einfach. Meist besteht es aus Kaffee und Kuchen. Znr Abwechslung ißt man auch Käse und Brot oder Hering und Kartoffeln. Sonntags gibt es als Abendbrot Salat und Wurst. Milch und Butter verkauft der Bauer am liebsten. Beide finden im eigenen Haushalt keine reiche Verwendung. Beschäftigung. Die Hauptbeschäftigung der Bewohner besteht auch heute uoch aus Ackerbau und Viehzucht. Die Wirtschaftsweise ist neuzeitlich. Alle Neuerungen bezüglich der Geräte, der Düngnng und der Fruchtbestellung sind eingeführt. Die männliche Jugend erweitert ihre Kenntnisse auf der „Landwirtschaftlichen Winterschnle" zu Erfurt. Sie wurde 1873 gegründet. Die Mädchen besuchen die „Haushaltuugs- schule zu Wandersleben", die 1898 gegründet wurde. — Viel an- gebaut werden Futterkräuter, denn im Landkreis wird starke Viehzucht betrieben. Fast ein Drittel des Bodens dient dem Fntterban. Die Hälfte des Landes dient der Bestellung mit Körnerfrüchten. Die reichste Ans- saat erfährt die Gerste, die geringste der Weizen. Außerdem werdeu Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Rüben und auch Zuckerrüben, die in der Walschleber Zuckerfabrik verarbeitet werden, angebaut. In einigen Orten werden noch Arzneikränter angepflanzt und von Ningleben ans in den Handel gebracht. — Innerhalb des Landkreises finden auch die nutzbaren Gesteine des Bodens eine reiche Verarbeitung. Der Kalkstein dient als Mauerstein, oder er wird in den Kalkbrennereien zur Mörtelgewinnung verwendet. Die kalkfreien Letten des Mittleren Kenpers vom Roten Berge werden zu Ziegelsteinen verarbeitet, ebenso wird der Gips in den Gips- werken von Elxleben und Kühnhausen verwertet. Auch die ausgedehnten Schotterdecken der Gera werdeu zur Sand- und Kiesgewinnung ausgenutzt. Besonders wertvoll ist das reiche Salzlager im Mittleren Muschelkalk bei Erfurt-N. — In den letzten Jahren hat auch der Gewerbefleiß einen größeren Aufschwung genommen. Doch ist der angesehenste Fabrikort des Landkreises jetzt mit der Stadt vereinigt. Ferner wandert ein Teil der männlichen Bevölkerung in die Stadt und findet in den Gärtnereien, im Baugewerbe oder als Bahnarbeiter lohnende Beschäftigung. Landstraßen. Zahlreiche gute Landstraßen durchziehen den Kreis. Die Provinzstraßen nehmen entweder bei Erfurt oder Erfurt-N. ihren Ansang. Von Erfurt führt nach Osten die Landstraße nach Weimar. Von ihr zweigt in südöstlicher Richtung die nach Kranichfeld lrudolstadt)
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